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„Unser Schlüsselbereich ist die Musik“

Jarmila Plachá ist die neue Leiterin für Corporate Marketing und Sponsoring der Česká spořitelna

redaktionsbüro: Nina Schedlmayer
Jarmila Plachá:
- Frau Plachá, die Česká spořitelna unterstützt vor allem Musikprojekte verschiedenster Art. Hat das einen bestimmten Grund?
- Die Česká spořitelna stellt unterschiedliche Finanzprodukte und -dienstleistungen für verschiedene Zielgruppen zur Verfügung. Mit unseren vielfältigen Musikprojekten wollen wir allen unseren Kunden einen Zusatznutzen bieten. Musik vereint – und die Česká spořitelna ist stolz darauf, einzigartige Musikprojekte zu unterstützen und sie der Öffentlichkeit vorzustellen. Vom Standpunkt des Marketings betrachtet, bieten Musikevents dem Sponsor eine großartige Möglichkeit, eine Marke oder Produkte zu präsentieren.
Unsere Bank ist einerseits traditioneller Partner von Veranstaltungen klassischer Musik – wir unterstützen etwa das berühmte „Prague Spring – International Music Festival“, aber auch kleinere Events wie das internationale Opernfestival „Smetanas Litomyšl“. Andererseits versuchen wir, unseren Kunden zeitgenössische Musik und World Music näher zu bringen – mit Festivals wie etwa „Colours of Ostrava“.
- Handelt es sich hierbei nicht um bereits ziemlich etablierte Festivals? Sind in Ihrem Sponsoringprogramm auch jüngere Projekte abseits des Mainstreams zu finden?
- Wir unterstützen zum Beispiel auch das „Khamoro – World Roma Festival“ und das „Respect“-Festival, das Musik aus Indien und Afrika vorstellt. Und bei „Colours of Ostrava“ gibt es ein Special, das „Česká spořitelna Colours Talents“. Da ermöglichen wir jungen Bands, zusätzlich zu ihrem Auftritt eine CD herauszubringen.
- Wie haben sich die Musikszenen in Tschechien seit dem Fall des Eisernen Vorhangs entwickelt? Wo gab es Brüche?
- Es gibt große Projekte mit einer langen und erfolgreichen Geschichte, wie das schon erwähnte „Prague Spring“-Festival, das bereits 1946 ins Leben gerufen wurde. Das hat nicht nur überlebt, sondern sich sogar so gut entwickelt, dass es nun weltberühmte Musiker und Klassikstars einladen kann. Das „Spring“-Festival wurde aber schon in der Vergangenheit allseits geschätzt. Bei der aktuellen und der World Music dagegen gab es nach der Samtenen Revolution einen richtiggehenden Boom: In Prag konnte man plötzlich Stars wie etwa die Rolling Stones im Konzert erleben, das war ein richtig großes Ereignis! Gleichzeitig konnten sich viele lokale Festivals, die es schon vorher gab, öffnen und internationale Acts begrüßen.
Dennoch sind die ersten Jahre des Enthusiasmus heute vorbei. Das Publikum ist zusehends qualitätsorientierter geworden und hat sich mittlerweile daran gewöhnt, dass ihm die Möglichkeit offen steht, hunderte Events, Festivals und Clubs zu besuchen. Daher ist der Druck, nach neuen Spitzenevents zu suchen, groß.
- Das Feld hat sich also stark erweitert. Hat sich damit auch das Publikum diversifiziert?
- Es ist wie in jedem anderen europäischen Land: Man findet Liebhaber der klassischen Musik, Rockfans, aber auch Leute, die eine Mischung aus verschiedenen Genres und Stilen bevorzugen. Ich würde sagen, dass man heutzutage wählerischer ist. Die Leute wollen qualitativ hochwertige Musik, sind aber auch offener für Neues.
- Kann man dennoch Tendenzen feststellen? In Wien beispielsweise konnte sich eine Electronic-Szene etablieren, die im internationalen Musikbusiness hohe Anerkennung findet. Gibt oder gab es Vergleichbares in Prag?
- Nein, hier lassen sich keine Schwerpunkte ausmachen, es gibt eine große Bandbreite von Musikrichtungen.
- Was ist mit Jazz? Ist Prag nicht bekannt für seine Jazzclubs?
- azz ist zwar anerkannt, hat aber eine kleine Zielgruppe: die obere Mittelschicht im Alter von 35 bis etwa 60 Jahren. Mehr kann ich Ihnen dazu leider nicht sagen: Obwohl ich es sehr gerne tun würde, kann ich nicht ständig in Clubs gehen – mir fehlt einfach die Zeit. Aber nächstes Jahr wird es das Festival „Jazz goes to regions“ geben, bei dem Jazzclubs in ganz Prag sowie regionale Jazzclubs bespielt werden; das wird auch von uns unterstützt.
- Abgesehen von der Musik sponsert die Česká spořitelna auch den Film …
- Neben dem Studentenfilmfestival „FAMUFEST“ unterstützen wir das Festival „Finále Plzeň“, das einen guten Überblick über tschechische Filme bietet: Eine Woche lang wird dort die komplette Spielfilmproduktion gezeigt sowie eine Auswahl der erfolgreichsten und interessantesten Dokumentarfilme. Und wir sind Partner des Internationalen Dokumentarfilmfestivals in Jihlava, das immer populärer wird.
- Zuletzt, Anfang November, hat das „FAMUFEST“ stattgefunden – was waren Ihre Eindrücke?
- Für mich persönlich war das Ganze eine starke, intensive Erfahrung – drei Nächte lang Studentenfilme anschauen. Einige dauerten wenige Sekunden, andere über eine Stunde. Am stärksten hat mich aber beeindruckt, dass die Studenten so unterschiedliche Sichtweisen haben – irgendwie nicht so sehr vom Kommerz verdorben.
- Hat das Kultursponsoring der Česká spořitelna so etwas wie eine Programmatik, ein Konzept – abgesehen vom Musik-Schwerpunkt?
- Wie gesagt ist unser Schlüsselbereich die Musik, in kleinerem Ausmaß der Film, vereinzelt unterstützen wir auch andere Projekte. Unsere Strategie ist es, mit wichtigen Projekten langfristige Partnerschaften zu entwickeln.
- Und wie wird die Auswahl getroffen? Gibt es eine Jury?
- Es ist nicht leicht, die richtigen Projekte auszuwählen. Diese müssen mit einem Nutzen für unsere Marke korrespondieren, mit unseren Werten, Visionen und unserer Mission. Wir erhalten jeden Monat über hundert Ansuchen um ein Sponsoring. Diejenigen, die uns am besten geeignet erscheinen, stellen wir einem Sponsoring-Komitee vor, das sich vierteljährlich trifft.
- Und wer sitzt in diesem Komitee?
- Boris Marte, der Leiter des Corporate Sponsoring der Erste Bank, sowie Repräsentanten der Bank, wie etwa Jack Stack, General Manager der Česká spořitelna. Und natürlich diskutieren wir mit Experten aus der Kulturszene.

Jarmila Plachá ist seit 1. Juni 2005 Leiterin der Abteilung für Corporate Marketing und Sponsoring der Česká spořitelna in Prag. Sie hat an der philosophischen Fakultät der Universität Brno Englisch und Journalismus studiert und die CMC Graduate School of Business in Čelákovice absolviert. Neben dem Kultursponsoring betreut sie auch das Sozial- und Sportsponsoring der Česká spořitelna. Sie ist ebenso für die Foundation der Česká spořitelna, Marketingkommunikation und Werbung für Corporate Business verantwortlich.

Nina Schedlmayer (geboren 1976) arbeitet und lebt in Wien. Sie schreibt als freie Kunstkritikerin außerdem für „profil“, „artmagazine.cc“ und „Camera Austria“.

Artikel erschienen in: REPORT. Magazin für Kunst und Zivilgesellschaft in
Zentral- und Osteuropa, Dezember 2005
Link: REPORT online - Link: KHAMORO - Link: festival.cz / Prager Frühling - Link: Coulours Of Ostrava - Link: Smetanova Litomyšl - Link: Famufest -